150 Sozialleistungen für Familien in Deutschland
…und alle unkoordiniert
Im Jahr 2013 hat das Familienministerium in einer Gesamtbewertung rund 150 familien- und ehebezogene Leistungen gezählt. Die Vielfalt ist nicht sorgfältig geplant und differenziert, sondern historisch gewachsen: Jede neue Leistung, ob Elterngeld, Kinderförderung in der Riesterrente oder Betreuungsgeld, wird von der Politik als Solitär in die sozialpolitische Landschaft gestellt. Kindergeld kommt vom Bund, Elterngeld vom Bundesland, Wohngeld von der Kommune. Die Regelungen sind so schlecht verzahnt, dass in manchen Familienkonstellationen 1 Euro Zusatzverdienst zu 1,20 Euro zusätzlichen Steuern und weniger Sozialleistungen führt.
Vielleicht ist die Vielfalt trotzdem gewollt. Doch in hoffentlich nicht zu platter Analogie: Auch wenn man Kaugummi mit 150 verschiedenen Geschmacksrichtungen unter das Volk bringen will, braucht man nicht 150 verschiedene Kaugummiautomaten, sondern nur einen einzigen. Zeit, dass wir die Leistungen zusammenführen – ein Antrag, eine Zahlung (und am liebsten eine Rechtsgrundlage, aber das dauert vielleicht zu lange).
Das Vereinigte Königreich UK führt darum unter dem Namen „Universal Credit“ sechs Sozialleistungen für Niedriglohnempfänger zusammen, von Hartz IV über Kindergeld und Steueranreize bis zum Wohngeld, monatlich zu einer Gesamtsumme. Das erspart den Bürgern viele redundante Anträge und senkt den Abwicklungsaufwand um bis zu 40 Prozent.
Wo der Staat niedrige Einkommen aufstocken oder ein bestimmtes Verhalten fördern möchte, ist ein Gesamtbetrag sehr viel wirksamer als einige Kleckerbeträge. Der Weg in Richtung „Universal Credit“ ist steinig, da die Reform auch in England auf ein Knäuel historisch gewachsener Systeme trifft. Dennoch ist das Ziel, verwandte Leistungen zusammenzufassen und zu konsolidieren, unter dem Gesichtspunkt einheitlicher Abwicklung natürlich richtig. Gerade im Niedriglohnbereich wäre sie sogar ein Schritt in Richtung Grundeinkommen. Ob man das dann bedingungslos oder nur bedingt gewähren will, ist natürlich eine politische Frage.